Agrar-900.647/14-2012-Rt/Has

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06. August 2012

Landesgrundverkehrskommission

beim Amt der Oö. Landesregierung

Bahnhofplatz 1

4021 Linz

B e s c h e i d


Die Bezirksgrundverkehrskommission N. hat mit Bescheid vom 16. Mai 2012 Agrar20-69-2012, die Übertragung des Eigentumsrechtes an den Liegenschaften EZ. x80 GB. 00000 und EZ. x73 GB.00000, durch Herrn H. und Frau R. G. an Frau A. S. auf Grund des Übergabsvertrages vom 9. März 2012 nicht genehmigt.

Dagegen richten sich die Berufungen der Frau R. und des Herrn H. G. sowie der Frau Ing. A. S..

Gemäß § 58 AVG. ergeht nachstehender

 

S p r u c h :

Den Berufungen wird   F o l g e   g e g e b e n  und der angefochtene Bescheid dahin ab-geändert, dass die Übertragung des Eigentumsrechtes an den Liegenschaften EZ. x80 GB. 00000 N., bestehend aus den Grundstücken 788/2 Wald und Sonstige (Straßenanlage), 855, 856/2 und 857 je Wald mit einer Gesamtfläche von 85.671 , und der EZ. x73 des GB. 00000 U., bestehend aus dem Grundstück 4080 Wald mit einer Fläche von 49.382 , durch Herrn H. G. und Frau R. G. an Frau Ing. A. S. auf Grund des Übergabsvertrages vom 9. März 2012 mit der Auflage genehmigt wird, dass die Übernehmerin Frau Ing. A. S. die verfahrensgegenständlichen Waldgrundstücke ordnungsgemäß selbst bewirtschaftet.

Rechtsgrundlage: §§  1 bis 4, 12 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 idgF.

Frau Ing. A. S. hat eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von 65 Euro binnen zwei Wo-chen nach Zustellung dieses Bescheides mit dem angeschlossenen Erlagschein an das Amt der oö. Landesregierung zu entrichten.
Für die Entrichtung der Verwaltungsabgabe haften die Parteien (§ 31 Abs. 2 Oö. GVG 1994) als Gesamtschuldner.

Rechtsgrundlage:  § 32 Oö. GVG. 1994, iVm §§ 1 bis 3 der Oö. Grundverkehrs-Verwaltungsabgabenverordnung 2002, LGBl.Nr. 137/2002, in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 76/2011.

 

B e g r ü n d u n g :

Die Bezirksgrundverkehrskommission N. hat die vorgesehene Übertragung des Eigentumsrechtes an den Waldgrundstücken der EZ. x80 GB. 00000 N. und EZ. x73 GB. 00000 U. durch die Ehegatten Herrn H. und Frau R. G. an Frau Ing. A. S. im Wesentlichen mit der Begründung nicht genehmigt, dass die Übergeber einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Ausmaß von etwa 47,7 ha im Vollerwerb bewirtschaften und mit dem gegenständlichen Übergabsvertrag an ihre Tochter Frau Ing. A. S. Waldgrundstücke im Ausmaß von 13, 5 ha übergeben, während völlig offen ist, an wen von den fünf weiteren Kindern die Übergeber den übrigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Ausmaß von etwa 34 ha übergeben werden. Die Abtrennung von etwa 13,5 ha Waldfläche vom bestehenden Vollerwerbsbetrieb führt zu einer großen Schwächung des Betriebes, wobei auch der Be-stand als Vollerwerbsbetrieb dadurch gefährdet erscheint.

Dagegen richten sich die Berufungen sämtlicher Vertragsparteien mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben ("abzuändern") und die mit Übergabsvertrag vom
9. März 2012 vorgesehene Eigentumsübertragung zu genehmigen.
Den Berufungen kommt Berechtigung zu.

Die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der oö. Landesregierung hat das Ermittlungsverfahren durch Vorlage des Notariatsaktes, Stellungnahme des Marktgemeindeamtes Liebenau, Einsicht in verschiedene Grundbuchsauszüge, Einsicht in den Ausdruck des Routenplaners, Stellungnahme des Marktgemeindeamtes Liebenau zu den vorliegenden Berufungen, Stellungnahme der Bezirksbauernkammer N., Grundbuchsauszüge und Äußerung der Berufungswerberin Frau Ing. A. S. ergänzt.

Ergänzend zu den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergeben sich auf Grund der gesamten Aktenlage insbesondere der ergänzenden Ermittlungen nachstehende Feststellungen:

Die Liegenschaft EZ. x80 GB. 00000 N. bildet einen Wald im Ausmaß von 85.671 und befindet sich etwa 8 km von der Übergabsliegenschaft und etwa 12 km von der Liegenschaft der Übernehmerin entfernt. Dieser Wald wurde teilweise vom Vorbesitzer der Übergeber, teilweise von den Übergebern in der Zeit von 1970 bis 2002 käuflich erworben. Der Fichtenbestand ist unterschiedlich gut bestockt und ist zwischen 20 und 50 Jahre alt. Die Bewirtschaftung erfolgte durch die Übergeber R. und H. G. und in letzter Zeit unter Mithilfe der Übernehmerin.

Die Liegenschaft EZ. x73 KG. 00000 U. bildet ebenfalls einen Wald und umfasst ein Ausmaß von 49.382 . Diese Liegenschaft ist etwa 9 km von der Liegenschaft der Übergeber und ca. 15 km von der Liegenschaft der Übernehmerin entfernt.
Dieser Wald wurde von den Übergebern im Jahre 2004 zugekauft. Es handelt sich um einen 20 – 50-jährigen Fichtenbestand mit unterschiedlich guter Bestockung.

Zur persönlichen und betrieblichen Situation der Übernehmerin und ihres Gatten ist fest-zustellen:
Frau Ing. A. S. geboren am 21.1.1977 ist seit 2005 mit Herrn A. S. verheiratet und sie wohnen in K.. Die Übernehmerin hat die höhere Bundeslehranstalt für Land- und Forstwirtschaft und die Agrarpädagogische Akademie abgeschlossen und ist als Fachlehrerin an der landwirtschaftlichen Fachschule E. beschäftigt.
Der Ehegatte A. S. ist Eigentümer von 17,6146 ha, davon 0,8820 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 16,7326 ha Wald und sämtliche Flächen werden ordnungsgemäß selbst bewirtschaftet. Seit dem Jahre 2009 hat Herr A. S. von seinem Vater eine Fläche von
32,1046 ha, davon ca. 6 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, Rest Wald zur Selbstbewirtschaftung gepachtet. Herr A. S. verfügt über die zur Forstwirtschaft erforderlichen Maschinen und Geräte.

Der Übergeber Herr H. G. bezieht bereits die Bauernpension, sodass die Übergeberin Frau R. G. Betriebsführerin des Gesamtbetriebes ist. Sie wird bis zum Pensionsbezug den Betrieb bewirtschaften und anschließend werden die landwirtschaftlichen Flächen an Nachbarn verpachtet werden. Derzeit ist eine Übergabe nicht vorgesehen. Das landwirtschaftliche Haupteinkommen wird aus der Haltung von 25 Milchkühen erzielt. Die Waldbewirtschaftung ist mangels Arbeitskräftesituation in der Praxis nur unter Mithilfe der Übernehmerin Frau Ing. A. S. möglich.

Im Notariatsakt vom 9. März 2012 wurde neben dem Übergabsvertrag auch ein Pflichtteilsverzicht der Übernehmerin Frau A. S. und ihrer Schwestern Frau B. G., geboren am 22.12.1977 und Frau R. G., geboren am 1.11.1982 abgegeben, wobei diese unwiderruflich mit Wirkung für sich und ihre Nachkommen auf sämtliche Pflichteilsansprüche einschließlich allfälliger Schenkungs- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihren Eltern, Herrn H. G. und Frau R. G. verzichtet haben.

Von den insgesamt sechs Kindern der Übergeberehegatten hat nur die Übernehmerin Frau Ing. A. S. eine land- und forstwirtschaftliche Ausbildung und übt den Beruf einer Fachlehrerin an der landwirtschaftlichen Fachschule E. aus. Die anderen Geschwister haben nicht landwirtschaftliche Berufe erlernt und üben auch nicht landwirtschaftliche Berufe aus.

Durch die Erklärungen der Übernehmerin Frau Ing. A. S. und die Erhebungen der Bezirksbauernkammer N. ist mit hinlänglicher Klarheit davon auszugehen, dass die Ehegatten Frau Ing. A. S. und ihr Mann Herr A. S. die Bewirtschaftung der in ihrem Einflussbereich stehenden Land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften im Einvernehmen durchführen, sodass auch davon auszugehen ist, dass die Ehegatten S. auch gemeinsam mit dem vorhanden Know-how und Gerätschaften auch die Übergabsliegenschaft ordnungsgemäß bewirtschaften werden.

Es ist davon auszugehen, dass nach der zu erwartenden Pensionierung der Übergeberin Frau R. G. die landwirtschaftlichen Flächen an Nachbarn verpachtet werden, sodass damit der land- und forstwirtschaftliche Vollerwerbsbetrieb der Ehegatten G. beendet werden wird.
Während die Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen kein Problem für den landwirtschaftlichen Besitz der Ehegatten G. darstellen wird, muss die Bewirtschaftung der Waldflächen anders gesehen werden. Pacht in besonderen Umständen dieses Falles bietet sich als ideale Lösung für die Bewirtschaftung durch die Übernehmerin Frau Ing. A. S. an, wobei auch hier die tatsächliche Nutzung auf den in der Nähe zu erwartenden Pensionsantritt der Frau R. G. abgestellt ist. Da aber die Übernehmerin Frau Ing. A. S. schon jetzt bei der Waldbewirtschaftung mitgeholfen hat, ist in der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Waldgrundstücke mit entsprechend harmonischem Übergang der Bewirtschaftung kein Zweifel zu sehen.

Der Vollerwerbsbetrieb der Übergeberehegatten Frau R. und Herrn H. G. wurde offenbar mit großem Erfolg geführt, was auch durch entsprechende Liegenschaftszukäufe untermauert wird. Es ist daher insgesamt nachvollziehbar, dass bei der Möglichkeit der Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen eine entsprechende Vorsorge für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Waldgrundstücke gesucht wird und bis zur Findung einer Gesamtlösung für die Übergabe der landwirtschaftlichen Flächen eine Übergabe der Waldgrundstücke an die hierfür ausgebildete Tochter Frau Ing. A. S. vorgenommen wird.

Eine Schwächung des Vollerwerbsbetriebes der Ehegatten G. kann daher unter diesen Aspekten nicht gravierend gesehen werden, weil durch die Übergabe der Waldgrundstücke eine ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung für die Zukunft gesichert ist und die land- und forstwirtschaftliche Ausbildung und Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft der Übernehmerin auf allfällige Intentionen für die Hofübergabe angedacht sein mögen.

Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände dieses Einzelfalles kann daher die vorgesehene Übergabe nur der Waldgrundstücke nicht als Schwächung des landwirtschaftlichen Betriebes G. gesehen werden, zumal schon die forstwirtschaftliche Fläche ein derartiges Ausmaß erreicht, dass darauf jedenfalls ein nachhaltiges forstwirtschaftliches Einkommen erzielt werden kann.

Aus den angeführten Gründen ist den Berufungen daher Folge zu geben.


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Bei Einbringung einer derartigen Beschwerde ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten

 

Der Vorsitzende
der Landesgrundverkehrskommission
Präsident a.D.  Dr. Georg H u b e r