Tierschutz-Landesrätin Birgit Gerstorfer: Stellungnahmen zur geplanten Novelle des Tierschutzgesetzes zeigen erheblichen Nachbesserungsbedarf auf

Landeskorrespondenz

(Presseaussendung vom 1.6.2022)

Die Begutachtungsfrist der von der Regierung Anfang Mai vorgelegten Novelle des österreichischen Tierschutzgesetzes wird mit 1. Juni auslaufen. „Meine erste Einschätzung, wonach dieser Entwurf in vielen Kernbereichen keine substantiellen Verbesserungen beinhaltet, hat sich nach eingehender Prüfung gemeinsam mit Tierschutz-Expertinnen und Experten leider bestätigt. Vor allem was die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere betrifft, kann man in keinster Weise von Fortschritten im Sinne des Tierwohls sprechen“, so Tierschutz-Landesrätin Birgit Gerstorfer.

 
•    Das Gesetz sieht zur großen Enttäuschung von Landesrätin Birgit Gerstorfer weiterhin kein Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung vor. Für Um- und Neubauten von Ställen sind lediglich Minimaländerungen (etwas weniger Spalten für einen Teil der Liegebucht)  vorgesehen. Unverändert erlaubt bleiben auch die betäubungslose Ferkelkastration und das routinemäßige Schwanzkupieren bei Schweinen.
•    Das Verbot der Anbindehaltung von Rindern geht nicht weit genug. Die vorgesehene Übergangsfrist bis 2030 ist unverhältnismäßig lang, ein sofortiges Verbot des Neubaus von Anbindeställen sollte ergänzt werden. 
•    Das Verbot der Tötung und des Transports von Tieren im letzten Drittel der Trächtigkeit muss unbedingt nachgeschärft werden. Der im Gesetz neu formulierte Ansatz ist zwar zu begrüßen, lässt sich von den zuständigen Behörden aber in der Praxis de facto nicht kontrollieren. 

Im Entwurf für das neue Tierschutzgesetz fehlen auch weiterhin notwendige Schritte zur Umsetzung eines Verbotes der Qualzucht. Auch Begleitmaßnahmen, wie die verpflichtende Ausbildung von Züchter/innen und verbesserte Beurteilungskriterien von Qualzuchtmerkmalen für die kontrollierenden Amtstierärzt/innen, fehlen im Entwurf. 

Die Überarbeitung der Regelungen zum öffentlichen Anbieten von Tieren zum Kauf oder zur sonstigen Abgabe ist misslungen. In der neuen Fassung werden dem bisher mit viel Einsatz bekämpften illegalen Handel von Welpen aus dem Ausland Tür und Tor geöffnet.

Tierschutz-Landesrätin Gerstorfer appelliert an die Regierung, das vorgelegte Paket keinesfalls in dieser Form zu beschließen. „Von einer Verbesserung der Lebensbedingungen von Tieren in Österreich könnten auch Konsumentinnen und Konsumenten, Umwelt und landwirtschaftliche Betriebe abseits der Agrarindustrie nachhaltig profitieren. Die Regierung sollte das neue Gesetz als Chance nutzen und sich, wie auch andere europäische Länder, endlich von veralteten und tierfeindlichen Haltungsformen verabschieden.“