Landesgesetz, mit dem das Oö. Berufsqualifikationen-Anerkennungsgesetz geändert wird (Oö. Berufsqualifikationen-Anerkennungsgesetz-Novelle 2020)

Auf einer Tastatur liegt eine Mappe mit der Aufschrift „Qualifikation“.

Quelle: ©DOC RABE Media - stock.adobe.com

Die vorliegende Gesetzesnovelle dient der Umsetzung der Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Richtlinie und der Verankerung eines Systems der Verhältnismäßigkeitsprüfung im oö. Landesrecht. 

Am 15. Oktober 2020 hat der Oö. Landtag das Landesgesetz, mit dem das Oö. Berufsqualifikationen-Anerkennungsgesetz geändert wird (Oö. Berufsqualifikationen-Anerkennungsgesetz-Novelle 2020), (einstimmig: ÖVP-, FPÖ-, SPÖ-Fraktion und Fraktion der Grünen) beschlossen.

 

Weiterführende Informationen

Die Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen, ABl. Nr. L 173 vom 9.7.2018, S 25, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einführung eines formalen Prüfungssystems vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen der Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränkt wird. Ziel ist es, durch diese Prüfungen - neben der Sicherstellung von Nichtdiskriminierung und dem Vorhandensein von Rechtfertigungsgründen - dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Berufsvorschriften zur Durchsetzung zu verhelfen. Neu ist daher nicht das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit selbst, sondern vielmehr die Einführung eines Prüfungssystems zur Gewährleistung dieses Prinzips, wonach mitgliedstaatliche Regelungen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein müssen und nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen dürfen.

 

Das vorliegende Landesgesetz dient der Umsetzung der Richtlinie und der Verankerung eines Systems der Verhältnismäßigkeitsprüfung im oö. Landesrecht.

 

Das Prüfungssystem der „Verhältnismäßigkeitsrichtlinie“ besteht im Wesentlichen aus einer Vorabprüfung nach bestimmten, in der Richtlinie genannten Kriterien, einer Pflicht zur Überwachung nationaler Vorschriften nach deren Erlassung und bestimmten Informationspflichten gegenüber einer interessierten Öffentlichkeit, anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission über Entwürfe von Berufsreglementierungen und die dazu durchgeführten Verhältnismäßigkeitsprüfungen.

 

Die der Richtlinie entspringenden Pflichten lassen sich somit als weiterer unionsrechtlich bedingter Zwischenschritt im nationalen Rechtsetzungsverfahren einordnen, welcher vom Gesetz- und Verordnungsgeber eingehalten werden muss. Darin erinnert die vorliegende Richtlinie an die Mitteilungspflichten der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft ("Notifikationsrichtlinie") und der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt ("Dienstleistungsrichtlinie").

 

Als bedeutender Unterschied zur Richtlinie (EU) 2015/1535 und der dazu ergangenen Judikatur des EuGH ist jedoch hervorzuheben, dass im Gegensatz zu dieser in der Richtlinie (EU) 2018/958 keine Stillhaltefristen und keine Sanktionen im Fall einer Nichtdurchführung vorgesehen sind. Es handelt sich daher bei den Vorgaben des vorliegenden Entwurfs um keine zusätzlichen Erzeugungsbedingungen für innerstaatliches Recht; eine Nichtdurchführung hat somit - anders als etwa bei einer Missachtung des Oö. Notifikationsgesetzes 2017 - keine unmittelbaren Konsequenzen (vgl. etwa VfGH 9.6.2005, V 87/04, VfSlg. 17.560 zur Gesetzwidrigkeit einer nicht notifizierten, technische Vorschriften enthaltenden, Verordnung).

 

Bei der Umsetzung der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie wurde im vorliegenden Entwurf bewusst darauf geachtet, möglichst schlanke legistische Lösungen zu finden, bestehende Verfahrensabläufe möglichst nicht zu behindern und die unionsrechtlichen Vorgaben nicht zu übererfüllen (Vermeidung von golden plating).

 

Da sich der Geltungsbereich der RL (EU) 2018/958 am Anwendungsbereich der Berufsqualifikationsrichtlinie RL 2005/36/EG orientiert, wurde das - die Berufsqualifikationsrichtlinie umsetzende - Oö. BAG als Ort für die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 gewählt. Betroffen sind daher alle in den Anwendungsbereich des Oö. BAG fallenden landesrechtlichen Materiengesetze, welche berufliche Vorschriften enthalten.

 

Als wesentliche Punkte dieses Gesetzentwurfs sind anzuführen:
 

  • Verhältnismäßigkeitsprüfung von Entwürfen landesrechtlicher Beschränkungen des Zugangs zu oder der Ausübung von reglementierten Berufen;
     
  • Verpflichtung zur Überwachung landesrechtlicher Beschränkungen des Zugangs zu oder der Ausübung von reglementierten Berufen nach deren Erlassung;
     
  • Informationspflichten gegenüber einer interessierten Öffentlichkeit, anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission betreffend Entwürfe landesrechtlicher Beschränkungen des Zugangs zu oder der Ausübung von reglementierten Berufen sowie über die dazu durchgeführten Verhältnismäßigkeitsprüfungen;
     
  • Klarstellung einer Verfahrensvorschrift im Anerkennungsverfahren für Berufsqualifikationen, um einer im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2018/2282 wegen Schlechtumsetzung der Berufsqualifikationsrichtlinie RL 2005/36/EG von der Europäischen Kommission vertretenen Ansicht zu entsprechen.

Wenn Sie Fragen dazu haben, wenden Sie sich bitte an: