LR Hiegelsberger: Zwischen Tierwohl und Weltmarktpreisen –Erfolgreiche oberösterreichische Rinderhaltung stellt sich zukünftigen Herausforderungen

Landeskorrespondenz

(Presseaussendung vom 19.11.2019)

Im Rahmen des Strategieprozesses Zukunft Landwirtschaft 2030 fand gestern, am 18. November 2019 mit der Dialogplattform in der LWS Burgkirchen die dritte Publikumsveranstaltung statt. 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschäftigten sich mit der Zukunft der Rinderwirtschaft und brachten ihre persönliche Sicht der Dinge ein. Von der engen Einbindung der österreichischen Rinderwirtschaft in den Weltmarkt bis zur sich noch verstärkenden Tierwohl-Diskussion wurden die entscheidenden Fragen des Sektors diskutiert.

 

In keinem anderen Bundesland ist die tierische Produktion von so großer Bedeutung wie in Oberösterreich. Die Versorgung mit Fleisch- und Milchprodukten ist ein zentraler Wirtschaftssektor in unserem Bundesland. Die Rinderhaltung ist in ihrer wirtschaftlichen und auch kulturellen Bedeutung unangefochten der stärkste landwirtschaftliche Produktionsbereich in Oberösterreich.

 

„Alleine der Produktionswert von rund 670 Mio. Euro in der Rinder- und Milchwirtschaft unterstreicht den enormen Stellenwert diese Branche. Die Rinderhaltung weist in Oberösterreich eine große Vielfalt auf. Zwischen der extensiven und traditionellen Mutterkuhhaltung auf der einen Seite und hochautomatisierten Freilaufställen auf der anderen Seite finden 8000 Betriebe jeweils ihren eigenen Weg. In welche Richtung sich dieser Sektor entwickeln wird, haben wir heute intensiv diskutiert. Die große Stärke des laufenden Strategieprozesses ist es schließlich, so vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, hier mitzudiskutieren. In die Zukunft gerichtet müssen wir auch heikle Themen ansprechen. Durch diesen großangelegten Prozess nehmen wir möglichst viele Betroffene auf unserem Weg mit. Darauf können wir eine tragfähige Vision für 2030 aufbauen“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.

 

Ethik in der Tierhaltung – Über das Recht, Tiere zu töten

Dr. Christian Dürnberger beschäftigt sich am Messerli Forschungsinstitut in Wien mit Fragen der landwirtschaftlichen Ethik. In seinem Vortrag in Buchkirchen widmete er sich in erster Linie den Ansprüchen der Gesellschaft an die Landwirtschaft.

 

Die Landwirtschaft schafft es regelmäßig auf die Titelseiten, oft auch durch negative Schlagzeilen. Aufgrund fehlender Informationen, können die Konsumenteninnen und Konsumenten Bilder aus der (modernen) Landwirtschaft nicht mehr richtig einordnen. Dr. Dürnberger attestiert der Gesellschaft auch eine gewisse Gespaltenheit im Verhältnis zur Landwirtschaft. So werden aktuell zwei verschiedenen Arten der Landwirtschaft eingefordert – eine fürs Gemüt und eine fürs Geldbörsel. Es steht fest, dass die Landwirtschaft in Österreich sichere, leistbare Lebensmittel auf der Höhe der guten fachlichen Praxis produziert und dabei ihre besondere Verantwortung für Umwelt, Klima und Tier wahrnimmt. Gleichzeitig müssen Tierwohl und die Klimarelevanz der Landwirtschaft noch stärker in die tägliche Arbeit eingebunden werden und diese Anstrengungen auch entsprechend kommuniziert werden. Junge Landwirtinnen und Landwirte müssen in der Ausbildung darauf vorbereitet werden, dass sie einen Beruf ausüben, der teilweise sehr kritisch gesehen wird. Sie brauchen das entsprechende Rüstzeug, damit auch umzugehen.

 

Tierschutz und Tierwohl werden in Zukunft noch viel stärker an Bedeutung gewinnen. Das Töten und die Nutzung von Tieren für die menschliche Ernährung wird in Zukunft nicht mehr klarer gesellschaftlicher Konsens sein. Jeder einzelne Betrieb wird daher eine Antwort auf die Frage finden müssen, warum er Tiere hält und für den menschlichen Verzehr schlachtet. „In der Gesellschaft findet ein Umdenken statt. War es bisher klarer Konsens, dass Tiere für den menschlichen Gebrauch gehalten und schlussendlich auch getötet werden können, so kommt diese allgemein gültige Meinung gerade ins Wanken. Tieren wird aus dieser Perspektive ein ähnliches Recht auf ein gutes Leben zugestanden wie es aktuell den Menschen vorenthalten ist. Schlussendlich muss sich die Gesellschaft und die Politik die alles andere als einfache Frage stellen: Wollen wir auch in Zukunft eine Nutztierhaltung in Österreich oder nicht? Und wenn ja, welche?“, so Dr. Christan Dürnberger.

 

Rindfleischproduktion in Österreich – Qualität hat Vorrang

Klare Worte zur Situation der Rindfleischproduktion in Österreich fand auch DI Werner Habermann, Geschäftsführer der ARGE Rind. Österreichisches Rindfleisch ist aufgrund der Betriebsstruktur, den Produktionskosten und der Haltungsbedingungen klar teurer als vergleichbare Importware. Die Vermarktung ist und bleibt daher eine Herausforderung. Für den höheren Preis muss die Qualität des heimischen Fleisches gesichert sein. DI Habermann setzt daher eindeutig auf Qualitätsprogramme. Sie ermöglichen eine Differenzierung am Markt, wodurch sich heimische Produkte von Importware abheben können.

 

Die Sicherung des Heimmarktes ist die eine Sache, bei 145 Prozent Eigenversorgungsgrad müssen aber auch entsprechende Exportmärkte gefunden werden. Österreich ist fest in die globalen Handelsströme eingebunden. Diese verändern sich laufend infolge von Freihandelsabkommen oder den Verwerfungen durch den Brexit.

 

„Die Konzentration auf höchste Fleischqualität lässt uns auf dem Heimmarkt bestehen und macht uns auch im Export erfolgreich. Mein klarer Wunsch an die Agrarpolitik ist es daher, auch in Zukunft Vermarktungsorganisationen zu unterstützen. Nur so kann Einkommen für die Betriebe geschaffen werden. Denn eines muss klar gesagt werden: Österreichisches Rindfleisch von Betrieben, die bei keinem Qualitätsprogramm teilnehmen, geht überwiegend in den Export“, erläutert DI Werner Habermann.

 

Klare Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie gefordert

Der Wunsch und das klare mündliche Bekenntnis der Konsumentinnen und Konsumenten zu heimischen Produkten müssen auch im Einkaufsverhalten sichtbar werden. Es braucht dazu eine klare Kennzeichnung der Fleischherkunft in der Gastronomie und in Kantinen.

 

„Wir brauchen in allen Bereichen eine klare Herkunftskennzeichnung, nicht nur im Einzelhandel. Die österreichische Bevölkerung möchte heimische Qualität am Teller. In Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung muss klar gekennzeichnet sein, woher das Fleisch am Teller stammt. Das sollte auch in der Gastronomie Standard werden“, so DI Werner Habermann:

 

Diskussion fließt in die Strategie Zukunft Landwirtschaft 2030 ein

Auf die beiden Vorträge folgte eine lebhafte Diskussion. Vor allem der Themenkomplex Haltungsbedingungen-Tierwohl verbunden mit den schwachen Erzeugerpreisen 2019 war den anwesenden Landwirtinnen und Landwirten ein wichtiges Anliegen. Alle Ergebnisse dieses gelungenen Abends werden von einem Team der Universität für Bodenkultur gesammelt und für den Endbericht des Strategieprozesses aufbereitet. Die nächste Dialogplattform findet bereits im neuen Jahr statt. In der LWBFS Lambach werden am 20. Jänner 2020 die Themen Ackerbau und Schweinehaltung im Zentrum stehen.  

 

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