Landesgesetz über die Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche (Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz 2014 - Oö. KJHG 2014)

Neuregelung des Jugendwohlfahrtsrechts an aktuelle Bedürfnisse

Der Oö. Landtag hat am 10. April 2014 mit Beschluss eines Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetzes die vom Bund beschlossene gänzliche Neuregelung des - bisher so bezeichneten - Jugendwohlfahrtsrechts auch als Landesgesetzgeber neu geregelt. Unter anderem wurde eine Neufassung der Grundsätze, Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, die Einführung einer abgestimmten Bedarfs- und Entwicklungsplanung, Neuregelungen der Eignungsfeststellung, über die fachliche Ausrichtung und das Personal, die Verschwiegenheitspflicht, Auskunftsrechte, Datenverwendung und Dokumentation, Pflegeverhältnisse, Mitwirkung an der Adoption, Erziehungshilfen und Hilfen für junge Erwachsene an aktuelle Bedürfnisse angepasst.

Weiterführende Informationen

Der Bund hat eine gänzliche Neuregelung des - bisher so bezeichneten - Jugendwohlfahrtsrechts durch das seit 1. Mai 2013 geltende Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 (B-KJHG 2013), BGBl. I Nr. 69/2013, vorgenommen, das hinsichtlich dessen 1. Teils (Grundsatzbestimmungen) vom Landesgesetzgeber durch Erlassung eines Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetzes näher auszuführen ist.

 
In den Erläuterungen zum B-KJHG 2013 wird allgemein ausgeführt, dass seit dem (zuletzt 1999 substanziell geänderten) Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 gesellschaftliche Veränderungen eingetreten sind (anhaltend hohe Zahl an Trennungen und Scheidungen, Eineltern- und Patchworkfamilien, steigende Erwerbstätigkeit beider Elternteile bei gleichzeitiger Flexibilisierung von Arbeitszeiten, zunehmende Zahl an Familien mit Migrationshintergrund), die die soziale Arbeit mit Familien vor geänderte Herausforderungen stellen. Gleichzeitig sind das allgemeine Bewusstsein für altersgemäße Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sowie die Sensibilität für mögliche Kindeswohlgefährdungen gestiegen, weshalb auch vermehrt Verdachtsfälle an die Jugendwohlfahrt - künftig: Kinder- und Jugendhilfe - herangetragen werden. Die mehr als 20-jährige Praxis und Weiterentwicklung der Angebote haben einen grundlegenden Anpassungsbedarf des Bundesgrundsatzgesetzes ergeben. Das zentrale Ziel war dabei die professionelle Überprüfung von Verdachtsfällen der Kindeswohlgefährdung sowie die fachlich fundierte Auswahl von Hilfen, um den Schutz von Kindern und Jugendlichen umfassend zu gewährleisten und trotzdem nur in angemessenem Umfang in familiäre Beziehungen einzugreifen.

 
Hinzuweisen ist auch ganz grundsätzlich darauf, dass sich Österreich mit der Ratifikation der UN-Konvention über die Rechte des Kindes im Jahr 1992 verpflichtet hat, Kinder und Jugendliche als Träger grundlegender Rechte anzuerkennen und diese Rechte zu garantieren. Kinder und Jugendliche müssen vor Gewalt und Ausbeutung geschützt und ausreichend versorgt werden und haben ein Recht darauf, ihre Meinung frei zu äußern. Art. 3 UN-Kinderrechtekonvention verpflichtet die Vertragsstaaten, dass immer dann, wenn sich Eltern und andere Verwandte nicht in geeigneter Weise um Kinder und Jugendliche kümmern (können), der Staat für den nötigen Schutz und die Fürsorge zu sorgen und das Kindeswohl bei all seinen Maßnahmen als bestimmendes Kriterium zu gelten hat. Dieser Schutz und die Fürsorge werden durch die breite Palette an Angeboten und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sichergestellt. Mit der gegenständlichen Reform des Kinder- und Jugendhilferechts sollen nach den Erläuterungen zum B-KJHG 2013 bewährte Rechtsinstitute beibehalten und den heutigen Anforderungen angepasst, aber auch Impulse für wesentliche Neuerungen gesetzt werden.

 
Durch die Änderung des Titels des Bundesgrundsatzgesetzes, womit auch eine Angleichung an die Begrifflichkeiten des deutschsprachigen Auslands angestrebt wurde, sollte unterstrichen werden, dass die Zielgruppen des Gesetzes Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen sowie Familien sind, und die Kinder- und Jugendhilfe nicht nur auf die Zeit rund um die Geburt sowie das Jugendalter beschränkt ist.
Als wesentliche Ziele des Gesetzes nennen die Erläuterungen zum B-KJHG 2013 Folgendes:

 

  • Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt in der Familie und anderen Gefährdungen;
  • Stärkung der Prävention von Erziehungsproblemen; 
  • Konkretisierung der Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe;
  • Verbesserung des Schutzes von personenbezogenen Daten.

    Diese Ziele sollen durch folgende Maßnahmen erreicht werden: 
  • Gesetzliche Verankerung der Gefährdungsabklärung und Hilfeplanung;
  • Neuformulierung der Mitteilungspflichten bei vermuteten Kindeswohlgefährdungen (die sich allerdings im 2. Teil - unmittelbar anzuwendendes Bundesrecht - [§ 37 B-KJHG 2013] befinden, im Rahmen dieses Landesgesetzes daher nicht näher auszuführen sind);
  • genauere Definition von Aufgaben und Standards in den einzelnen Leistungsbereichen und
  • detailliertere Regelung von Verschwiegenheit, Auskunftsrechten, Dokumentation und Datenschutz.

Der Landesgesetzgeber hat durch das seit 31. Dezember 2013 geltende Landesgesetz, mit dem das Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 (Oö. JWG 1991) geändert und ein Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz (Oö. KJHG) erlassen wird, LGBl. Nr. 91/2013, einen ersten Schritt zur näheren Ausführung einiger wichtiger Vorgaben des B-KJHG 2013 gesetzt und dabei im Wesentlichen - unter Beibehaltung aller übrigen Bestimmungen des in "Oö. KJHG" umbenannten bisherigen Oö. JWG 1991 - durch ein neues II. Hauptstück die Bestimmungen zu den sozialen Diensten übersichtlicher formuliert (1. Abschnitt; §§ 12 bis 16 Oö. KJHG) und Bestimmungen zur 

Gefährdungsabklärung, Hilfeplanung und Beteiligung eingefügt (2. Abschnitt; §§ 17 bis 19 Oö. KJHG).

 
Nun sollen in einem zweiten Schritt des Landesgesetzgebers auch die übrigen Vorgaben des 1. Teils des B-KJHG 2013 näher ausgeführt und die bundesgrundsatzgesetzlichen Vorgaben somit in ihrer Gesamtheit in einem Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz 2014 umgesetzt werden. Gleichzeitig soll das Oö. Kinder- und Jugendhilfegesetz, LGBl. Nr. 91/2013, außer Kraft treten. Soweit möglich und sinnvoll, sollen dabei (allgemeine) Regelungen des B-KJHG 2013 (zB betreffend Grundsätze, Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe, Begriffsdefinitionen, persönlicher Anwendungsbereich, örtliche Zuständigkeit, fachliche Ausrichtung, Verschwiegenheitspflicht, Auskunftsrechte, Datenverwendung, Dokumentation, Statistik) ebenso wie dessen grundsätzliche Gliederung (in lediglich drei Hauptstücke) weitgehend gleichlautend in diesem Gesetzentwurf übernommen werden. Im Übrigen sollen bewährte Instrumente und Regelungen aus dem bisherigen Oö. JWG 1991 bzw. nunmehrigen Oö. KJHG, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 91/2013, beibehalten und den aktuellen Anforderungen angepasst werden. Darüber hinaus sollen aber auch Impulse für Neuerungen gesetzt werden.

 
Als wesentliche Punkte dieses Gesetzentwurfs sind anzuführen: 

  • Neufassung der Grundsätze, Ziele und Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe;
  • Einführung einer abgestimmten Bedarfs- und Entwicklungsplanung; 
  • Neuregelung der Eignungsfeststellung von privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen und Anpassung an die Regelungen betreffend die Bewilligung von sozialpädagogischen Einrichtungen; Einführung einer Bedarfsprüfung; 
  • Neuregelung der Bestimmungen über die fachliche Ausrichtung und das Personal;
  • Neuregelung der Bestimmungen über die Verschwiegenheitspflicht, Auskunftsrechte, Datenverwendung und Dokumentation;
  • Neuregelung der Bestimmungen über Pflegeverhältnisse;
  • Neuregelung der Bestimmungen über die Mitwirkung an der Adoption;
  • Anpassung der Bestimmungen über Erziehungshilfen und Hilfen für junge Erwachsene an aktuelle Bedürfnisse.

Die Umsetzung dieser Punkte im gegenständlichen Gesetzentwurf stellt den zweiten Schritt des Landesgesetzgebers zur Schaffung eines zeitgemäßen und zukunftsorientierten gesetzlichen Rahmens für die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe dar.

 
Bereits in den Erläuterungen zum Oö. KJHG, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 91/2013, (Bericht des Sozialausschusses [AB], 1004 Blg. LT XXVII. GP) wurde darauf hingewiesen, dass der Handlungsauftrag der Kinder- und Jugendhilfe sukzessive eingeengt wurde auf Situationen der Kindeswohlgefährdung, in denen der Schaden für Kinder und Jugendliche oft bereits eingetreten ist. Dies ist mitverantwortlich für anhaltend hohe Steigerungsraten bei den Fallzahlen und Kosten der Erziehungshilfe, die kaum mehr zu bewältigende Belastung der Sozialarbeiter/-innen auf den Jugendämtern sowie für ein verzerrtes Bild von den Aufgaben und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in der Öffentlichkeit.

 

Um dieser Dynamik entgegenzuwirken, werden, wie ebenfalls bereits im AB 1004 Blg. LT XXVII. GP festgehalten, Rahmenbedingungen zum gezielten Einsatz sekundärpräventiver Hilfen im Einzelfall zu erarbeiten sein. Die fachliche, politische, organisatorische und finanzielle Klärung dieser Rahmenbedingungen setzt einen Beteiligungsprozess voraus, der die eng begrenzten zeitlichen Vorgaben der Ausführungsgesetzgebung im Rahmen des gegenständlichen Gesetzentwurfs sprengen würde.