Ur- und Frühgeschichte

Altsteinzeit bis Kelten (ca. 65.000 v. Chr. bis 400 v. Chr.)

Die frühesten, bisher bekannt gewordenen Zeugnisse für die Anwesenheit von Urmenschen im Bereich des heutigen Oberösterreich stammen aus der Altsteinzeit (bis ca. 12.000 v. Chr.). In den Zeitraum zwischen ca. 65.000 und ca. 30.000 v.Chr. konnten mehrere steinerne Schab- und Schneidewerkzeuge datiert werden, die 1980/83 in der fast 2000 m hoch im Gebiet der Warscheneck-Gruppe des Toten Gebirges gelegenen Ramesch-Bärenhöhle gefunden wurden. Die ältesten, bisher in Oberösterreich entdeckten menschlichen Skelettteile - ein Schädeldach, ein Oberarmknochen und ein Oberschenkelknochen - wurden 1952/53 aus dem Schotter des Pichlinger Sees bei Linz geborgen. Die in der Altsteinzeit lebenden Menschen bedienten sich vorwiegend zu- und abgeschlagener Steinwerkzeuge und Waffen (Klinge und Faustkeil bzw. Zweiseiter), hauptsächlich aus Feuer- und Hornstein, und hausten in natürlichen Wohnräumen.

 

In der mittleren Steinzeit (ca. 12.000 bis 5000 v. Chr.) führte eine Klimaverbesserung zum Schmelzen der Gletscher; aus der mitteleuropäischen Tundrenlandschaft bildete sich im großen und ganzen die heutige Tier- und Pflanzenwelt, vor allem der dichte (Laub-)Wald, der allmählich urwaldartigen Charakter annahm. Die als Jäger, Fischer und Sammler lebenden Menschen benützten jetzt kleinere Feuersteinspitzen, die ihnen als Sicheln, Sägen und Messer dienten. Aus Oberösterreich sind ein mittelsteinzeitlicher Fundplatz in Bad Ischl und ein Werkplatz zur Erzeugung von Steingeräten auf der Berglitzl in Gusen bekannt.

 

Großen Aufschwung nahm die menschliche Kultur in der folgenden Epoche der Jungsteinzeit (ca. 5000 bis 1800 v. Chr.), die durch Seßhaftigkeit, Ackerbau und Viehzucht sowie durch technischen Fortschritt gekennzeichnet ist. Die Steinwerkzeuge waren jetzt geschliffen und poliert. Später übernahm man (wohl aus dem Vorderen Orient) die Kenntnis der Metallgewinnung und -verarbeitung (Kupfer) und der Herstellung von Bronze (Legierung von Kupfer und Zinn). Im Bereich des heutigen Oberösterreich hielt die Donauländische Kultur ihren Einzug.

 

Die Donauländische Kultur der Lößbauern geriet in der Folge unter nordischen Einfluss kultureller und wohl auch ethnischer (indogermanischer) Art. Wie im Zuge dieser Veränderung die zu einer neuen Einheit verschmelzende, in den alpinen Bereich vordringende Mondsee-Kulturgruppe entstand, ist noch nicht geklärt. Sie gilt als die erste eigenständige kulturelle Ausformung in unserem Raum. Ihre charakteristische, mit Furchenstrich und weißer Füllmasse verzierte Keramik wird neuerdings in eine ältere, jungsteinzeitliche (Mondsee-)Gruppe und in eine jüngere, bronzezeitliche, bis an die Donau reichende (Attersee-)Gruppe geschieden.

 

Nachhaltige Veränderungen in vielen Bereichen des menschlichen Lebens brachte der neue Werkstoff Kupfer, der in Form der Bronzelegierung einer ganzen urgeschichtlichen Epoche den Namen gegeben hat (Bronzezeit, ca. 1800 bis 800 v. Chr.). Die Bevölkerung differenzierte und spezialisierte sich: neben die seßhaften Ackerbauern, die weiterhin überwogen, traten Berg- und Hüttenleute, hochqualifizierte Handwerker und Händler. Ein reges Wirtschaftsleben mit weitreichenden Handelsbeziehungen vertiefte soziale Unterschiede.

 

Neben die Bronze trat gegen Ende des 9. Jahrhunderts v. Chr. der neue Werkstoff Eisen, der namengebend für das folgende urgeschichtliche Zeitalter wurde. Die ältere Eisenzeit (ca. 800 bis 400 v. Chr.) ist die Epoche der mitteleuropäischen Hallstattkultur. Die Bevölkerung pflegte weiterhin vorwiegend Ackerbau und Viehzucht. Als wesentliches und bestimmendes Element kamen jedoch der Abbau und der Handel mit Salz hinzu. Der Abbau und der Handel mit Salz führten, wie Grabbeigaben andeuten, zu einer starken sozialen Gliederung. Neben den Technikern des Bergbaues dürfte es einen Handels-, einen Nähr- und einen Wehrstand gegeben haben.

 

Die meisten der bisher in Oberösterreich aufgefundenen urgeschichtlichen Felszeichnungen dürften im ersten Jahrtausend v. Chr. besonders in der Hallstatt- und La-Tène-Zeit entstanden sein. Um 400 v. Chr. gelangten die aus Gallien nach dem Süden und Osten drängenden Kelten über Süddeutschland in den österreichischen Raum und setzten damit eine Zäsur, die den Beginn der jüngeren Eisenzeit bzw. der nach einem Fundort am Neuenburger See (Schweiz) benannten La-Tène-Kultur markiert. Keltischen Ursprungs und damit Hinweise auf keltische Besiedlung sind die römischen Ortsnamen Boiodurum (Passau/Innstadt), Stanacum (Oberranna/Wesenufer), Iovaiacum (Schlögen oder Aschach an der Donau), Lentia (Linz), Lauriacum (Lorch), etc. Im 2. Jahrhundert v. Chr. schlossen sich die keltischen Stämme des Ostalpenraumes unter der Führung der Noriker in dem Königreich Noricum zusammen, dessen Zentrum in Kärnten gelegen war.