Landesgesetz, mit dem das Oö. Mindestsicherungsgesetz geändert wird (Oö. Mindestsicherungsgesetz-Novelle 2016)

Geldbörse

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Rasche und nachhaltige Integration der Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten.

Der Oö. Landtag hat am 16. Juni 2016 die Oö. Mindestsicherungsgesetz-Novelle 2016 (mehrheitlich: Art. I Z 5, 7 und 11 und Art. II Abs. 2: 40 zustimmende und 16 ablehnende Stimmen; übrige Bestimmungen: 39 zustimmende und 17 ablehnende Stimmen) beschlossen, womit eine rasche und nachhaltige Integration der Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten erfolgt. Mit den Neuregelungen wird die bereits geltende rechtliche Situation aufgegriffen und festgehalten, dass die erforderliche Integration Teil der Bemühungspflicht ist. Die Sozialleistungen sind daher vom Bemühen der Hilfsbedürftigen zur Integration abhängig zu machen.

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Die internationalen Wanderbewegungen der letzten Monate stellen auch das Land Oberösterreich vor enorme Herausforderungen. Nachdem die auf internationaler und nationaler Ebene getroffenen Maßnahmen zum Teil nicht den erhofften Effekt gebracht haben und darüber hinausgehende Regelungen - aus vom Land Oberösterreich letztlich auch nicht beeinflussbaren Gründen - nicht getroffen wurden, ist es notwendig, dass das Land Oberösterreich die in seinen Bereich fallenden Möglichkeiten ausschöpft. Vor dem anerkannten Hintergrund, dass jede Region und jeder Mitgliedstaat nur bestimmte Aufnahmekapazitäten besitzt, sind in dieser Sondersituation gewisse Vorkehrungen auch mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Verteilung der Hilfesuchenden auf die Aufnahmeländer zu treffen.  Dabei bleibt jedenfalls ein alle Grundbedürfnisse abdeckender und menschenwürdiger Versorgungsstandard in Oberösterreich gesichert. Mit diesen Maßnahmen sollen auch Folgeeffekte vermindert werden, die aus einer faktisch freien Wahl des Aufnahmelandes zu einer Konzentration in einigen Mitgliedstaaten geführt hat. So dürfte eine wesentliche Ursache für die bevorzugte Wahl nur einiger Mitgliedstaaten durch die Schutzsuchenden der Wohlstand und das damit verbundene höhere Niveau an Sozialleistungen (welfare magnetism-These) sein.

Die zum Teil faktisch nicht mögliche und nur teilweise erfolgte Vollziehung des völker-, unions- und bundesrechtlich bestehenden Gesamtregelungssystems durch die übergeordneten Ebenen bewirkt im Ergebnis, dass auf Oberösterreich Lasten zukommen, die es mittelfristig auf dem derzeitigen Standard nicht mehr zu leisten vermag, die es also an seine "absolute Belastungsgrenze" bringen.  Diese sind im Vergleich zu anderen Regionen, insbesondere aber auch im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten der EU unverhältnismäßig. Vor diesem Hintergrund ist das Land Oberösterreich im Rahmen der ihm durch die Kompetenzverteilung zugewiesenen wenigen Möglichkeiten verpflichtet und legitimiert, seinen Beitrag zum Gesamtsystem auf ein Maß zurückzunehmen, das allen Personen ein absolutes Mindestmaß an Versorgung auch weiterhin sichert. Dies auch, um weiterhin der Zunahme einer ungleichen Verteilung und damit Belastung der Regionen und Mitgliedstaaten entgegen zu wirken.

Wenn das bestehende - auf mehrere Ebenen aufgesplitterte und nur teilweise harmonisierte - Recht für eine solche Sondersituation keine adäquaten Regelungen vorsieht oder ein gegebener Rechtsrahmen von den übergeordneten Ebenen nicht entsprechend wahrgenommen wird,  sind diese planwidrigen Lücken  durch Interpretation auf der Basis der geänderten faktischen Rahmenbedingungen zu füllen. Es besteht jedenfalls die Zulässigkeit, gegebene Interpretationsspielräume in einer ausdehnenden Weise ("korrigierende Auslegung" ) zu nutzen, was mit der vorgeschlagenen Gesetzesnovelle für bestimmte Personengruppen erfolgt. Unter Berücksichtigung der verschiedenen rechtlich gesicherten und faktischen Leistungen sowie auch im Vergleich zu den meisten übrigen potenziellen Aufnahmeländern, mit denen eine gleichmäßige Verteilung angestrebt werden muss, ist dabei für alle Personengruppen ein würdiger Lebensstandard zu sichern, in dem jedenfalls auch alle Grundbedürfnisse abgedeckt sind.

Im schon mehrmals zitierten Gutachten kommt Rebhahn für Schutzberechtigte zum Ergebnis: "Zusammenfassend kann gesagt werden, dass gute Gründe für die Befugnis eines MS, der durch einen Massenzustrom im Vergleich zu anderen MS des GEAS bei den Antragstellungen besonders belastet ist, bestehen, seine Sozialleistungen an Schutzberechtigte unter das in Art 29 Status-RL vorgesehene Niveau abzusenken - allerdings nur für nach Beschluss neue Antragsteller."

Zu den allgemeinen Rahmenbedingungen vergleiche im Übrigen auch den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten 1097 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXV. GP, in dem auch die Grundproblematik im Bereich der Grundversorgung und der Integration dargestellt ist und ua. festgestellt wird, dass bei - im Vergleich zu 2015 - im Jahr 2016 auch nur annähernd gleicher Zahl der zu versorgenden Personen "allerdings nicht nur die Deckung der Grundbedürfnisse, sondern auch die Funktionsfähigkeit des Grundversorgungssystems insgesamt gefährdet" wäre.

Bei den Wanderungsbewegungen spielen die in den möglichen Ziel- oder Aufenthaltsländern bestehenden Systeme der sozialen Sicherung eine nicht unwesentliche Rolle, wobei den österreichischen Bundesländern im Rahmen der bestehenden bundesstaatlichen Kompetenzverteilung eine wesentliche Aufgabe im Bereich der sogenannten Mindestsicherung zukommt. Zur nachhaltigen Sicherstellung des in diesem Rahmen vom Land Oberösterreich steuerbaren Teils des Sozialsystems ist es daher notwendig, im Oö. Mindestsicherungsgesetz gewisse Anpassungen und Vorkehrungen zu treffen, damit diese sozialen Grundleistungen weiterhin für alle Hilfsbedürftigen gesichert sind.

Eine rasche und nachhaltige Integration der Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten ist unabdingbar für ein friedliches und solidarisches Miteinander in der Aufnahmegesellschaft. Die Sozialleistungen sind daher vom Bemühen der Hilfsbedürftigen zur Integration abhängig zu machen. Ein wesentlicher Faktor der Integration ist auch die (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt.

Als wesentliche Punkte dieses Gesetzentwurfs sind anzuführen:

  • Die Einführung differenzierter Leistungen der Mindestsicherung für Fremde, deren  Aufenthaltsstatus im Inland nicht endgültig faktisch und rechtlich dauerhaft ist (Asylberechtige auf Zeit gemäß § 3 Abs. 4 Asylgesetz 2005) sowie für sogenannte subsidiär Schutzberechtigte.
  • Die Ausweitung bzw. stärkere Betonung der Bemühungspflichten der Hilfsbedürftigen um die erforderliche Integration, mit dem Ziel eines im öffentlichen Interesse gelegenen geordneten und positiven Zusammenlebens in der Gesellschaft sowie die Schaffung der dafür notwendigen Rahmenregelungen für eine Integrationserklärung.
  • Die Einführung eines Beschäftigungs-Einstiegsbonus, um Anreize zur (Wieder-)Ein-gliederung in den Arbeitsmarkt zu schaffen.

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